Zwei Cabrios auf Abschiedstour

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rote Zora
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Zwei Cabrios auf Abschiedstour

Beitragvon rote Zora » Dienstag 1. März 2011, 09:56

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Die Produktion von Citroën C3 Pluriel und VW Beetle Cabrio wurde nach sieben Jahren eingestellt – zwei Blumenkinder, die nie so richtig erwachsen werden wollten. Nehmen wir mit einem Fahrbericht Abschied auf einer kleinen Reise in den Sonnenuntergang.


Längst hat der Wind die letzte Wärme weggeweht. Schon vor Wochen war klar, dass es bald zu diesem Abschied kommen würde, und doch trifft er einen dann etwas unvorbereitet, vormittags um halb elf an einem halbwegs sonnigen Montag. Da stehen Citroën C3 Pluriel und VW Beetle Cabrio für eine letzte Ausfahrt nebeneinander auf dem Parkplatz: zwei Sommerautos im Herbst ihres Lebens.

Beetle mit Nachfolger, Pluriel geht für immer

Bei beiden gab es über Monate ein würdeloses Herumgedruckse um ihr vorhersehbares Ende. Es gipfelte in der durchaus lächerlichen Argumentation, die Retro-Autos würden eben alt aussehen. Ach was? Doch während der VW Beetle einen Nachfolger bekommen wird, ist der Abschied vom Citroen C3 Pluriel ein endgültiger. Denn er stammt aus einer vergangenen Zeit, in der Citroën noch den Mut hatte, missverstanden zu werden. Heute bauen sie gute Autos wie den C4, den man beim besten Willen nicht missverstehen kann, so laut wie er brüllt: "Ich wäre gern ein Golf."

Auch der Beetle entsteht in einer für VW seltsam mutigen Ära, bleibt den Kunden vielfach fremd. Sie rechnen dem Kugeligen fast empört vor, wie viel günstiger und geräumiger ein Golf ist. Und überreißen dabei nie, dass es schon immer etwas günstiger war, keinen ausgefallenen Geschmack zu haben. Seit September 1998 gibt es ihn als Limousine, doch seine wahre Bestimmung findet er erst ab Februar 2003 – als Cabrio. Als einem von wenigen Modellen haben ihm die VW-Stylisten noch kein Golf VI-Gesicht verpasst. Was sie wohl ebenso quält wie die Techniker die Tatsache, dass er – kein bisschen quermodular – noch zur Generation Golf IV zählt.

Beetle-Technik vom alten VW Golf

Daran erinnern die blaue Instrumentenbeleuchtung, Schalter, Hebel und der Antrieb. Unter der runden Fronthaube Wastegate-zwitschert der alte 1,8-Liter-Fünfventiler-Turbo, den VW mit einer flutschigen Fünfgangbox verkuppelt. So harmonisch, wie sich diese beiden Aggregate ergänzen, dürfte es nach Meinung der Downsizing- und DSG-Missionare gar nicht klappen. Die einzige Schwäche des Triebwerks besteht in seiner Stärke, weil dem Beetle die halbe Leistung fast besser steht.

Citroen C3 Pluriel ist wundervoll klapprig

Dann läge er auf dem Niveau des Citroen C3 Pluriel, der sich als Sondermodell etwas anmaßend im Stil der Charleston-Ente kleidet, es aber in ihrem Sinne lieber mit wenig Leistung bewenden lässt. Obwohl 20 Jahre alt, zählt sein 1400er noch immer zu den erfreulichsten Kleinbenzinern. In Kooperation mit dem ewig leierigen, kurz gestuften Fünfganggetriebe zieht es den Pluriel fröhlich hinaus aufs Land. Schon nach den ersten Kilometern fällt wieder auf, was für ein klapperiges Auto der C3 ist – und was für ein wunderbar klapperiges. Selbst mit voll aufgebauter Dachgalerie rüttelt und verwindet er sich ganz beachtlich.

Das Zittern der Dachbögen steigert sich, wenn das Verdeck nach hinten gekrempelt ist. Dann fürchtet man, dass es mit dem von Designern so gern wie falsch benutzten Begriff der "abfallenden Dachlinie" doch noch ernst werden könnte, und erinnert sich an ein Zitat: "Manches fällt im Innenraum einfach ab, und es mag wohl nur Enten-Freunde trösten, dass es nie etwas wirklich Wichtiges ist." Vor 31 Jahren schrieb das der 2CV-Kenner Klaus Westrup, heute gilt es für den Citroen C3 Pluriel, der sich so als einzig legitimer Enten-Erbe beweist.

Pluriel und die Kunst des Dachabbaus

Dazu hätte es der ganzen Baukastenakrobatik des Dachs gar nicht bedurft, in der sich die französische Ingenieurskunst ballt. Dennoch funktioniert es mitunter, wenn man sich nicht allzu genau an die Anweisungen des beigelegten Faltblatts hält. In 30 reich bebilderten Schritten erklärt es die Umbaumaßnahmen in Stil und Dramatik von Bordkarten in Flugzeugen, die das Verhalten bei Notwasserungen erläutern. Selbst Citroën gibt zu, dass 95 Prozent aller C3 Pluriel-Besitzer die je zwölf Kilogramm schweren Dachbögen niemals abmontiert haben. Bei den restlichen fünf dürfte die Singularität des Ereignisses überwiegen – überambitionierte Automobilfotografen mal ausgenommen (Du weißt, wen ich meine, Hans-Dieter).

Charakterdarsteller VW Beetle

So knarzt, schunkelt und gondelt der Citroën C3 Pluriel seinem Konkurrenten munter voraus und am Fluss entlang. Selbst bei mildem Tempo weht es in beiden heftig, im VW flattert die obligatorische Blume in der Plastikvase. Auch die überlebt all die Jahre und hilft mit, dass der VW Beetle vom Käfer-Imitat zu einem echten Charakterdarsteller reift. Er ist quasi Wolfsburgs Hofnarr. Und einen wie ihn braucht Volkswagen, eine ernsthafte Firma, deren Experten wahrscheinlich eine 17-seitige Abhandlung über die Bedeutung der neuen A-Säulen-Beflockung am Passat B7 liefern könnten. Die besondere Rolle des VW Beetle Cabrios im Modellclan unterstreicht auch der Prospekt – der einzig lässige der Palette. Auf der Doppelseite mit dem Thema "Schöne Aussichten serienmäßig" etwa glotzt man als Betrachter einer jungen Dame durch das Beifahrerfenster direkt auf den zart bedeckten Hubraum.

Sein eigenes Oberteil streift das VW Beetle Cabrio in ein paar Sekunden elektrisch nach hinten, türmt es dort in bester Käfer-Tradition zu einem kleinen Berg auf, den die Persenning überziehen sollte – schon weil ihre sperrige Gestalt etwa die Hälfte der 201 Liter Kofferraumvolumen besetzt, die andere braucht das Windschott. Während der Aufbau der Sturmbremse ansonsten als Verfall der guten Cabriositten gilt, empfiehlt er sich hier. Denn erst am Ende des tiefen Armaturenträgers – knapp vor dem Horizont – erhebt sich die kurze, steile A-Säule samt einer Windschutzscheibe. Die macht dieser Bezeichnung wenig Ehre, weil sie den Fahrtsturm kaum abweist, der sich schon auf Landstraßen als Orkan durch den Wagen wälzt.

Pluriel und Beetle messen mit anderen Maßstäben

Bei dichtem Schott reist es sich angenehm wuschelig auf den tief montierten Sitzen des VW Beetle. Zu seinem lockeren Wesen gehört auch die nicht ganz unerschütterliche Verwindungsfestigkeit, seine eher entspannte als hochpräzise Lenkung und die etwas betagte Verbundlenker-Hinterachse. Aber weil ihm ein ehrgeizzerfressenes Ego abgeht, überlässt er anderen die Krone beim Umkurven von Pylonen. Damit erntet er mitunter unverständliches Unverständnis. Dieses Gefühl kennen auch Männer um die 30, die sich noch immer rechtfertigen müssen, weil ihr Leben nicht daran zerbrochen ist, dass sie bei den Bundesjugendspielen nie eine Urkunde erhalten haben.

Zehntelsekunden sind das falsche Zeitmaß für Citroën C3 Pluriel und VW Beetle Cabrio, ihre Zeiteinheit sind Sommer. Sieben davon haben sie durchbummelt im Stil des großen Oscar Wilde, der riet: "Verschiebe niemals auf morgen, was du auch übermorgen noch erledigen kannst" (übrigens nur, um nachzusetzen: "Ich gebe Ratschläge grundsätzlich weiter; es ist das einzige, was man damit anfangen kann"). Morgen schon werden die beiden Cabrios nicht mehr neu sein, übermorgen dafür Klassiker.

Deshalb ziehen sich Citroën C3 Pluriel und VW Beetle Cabrio vergnügt die Dächer über, als die Sonne sich hinter die Hügel duckt, und schlendern am Fluss entlang nach Hause. Und der Wind riecht natürlich nach Winter, doch er säuselt warm: Das ist nicht das Ende einer Liebe. Es ist noch nicht einmal der Anfang vom Ende. Es ist nur das Ende vom Anfang.



Quelle: auto-motor-sport
Zuletzt geändert von rote Zora am Mittwoch 2. März 2011, 13:36, insgesamt 1-mal geändert.
Ein runder Gruß
Sylvia


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Beitragvon DO-KM » Dienstag 1. März 2011, 17:13

Der Artikel ist prima - die Quelle ist aber AMS :-)
Grüsse aus Kölle/Doatmunt

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rote Zora
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Beitragvon rote Zora » Mittwoch 2. März 2011, 13:39

Geändert :oops:
Ein runder Gruß

Sylvia





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Beitragvon DO-KM » Mittwoch 2. März 2011, 16:42

Du Gute, Du.
Grüsse aus Kölle/Doatmunt



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